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Foto: Михаил Решетников/stock.adobe

Straffungs-OPs nach starker
Gewichtsabnahme

Heutzutage gibt es immer mehr stark übergewichtige bis adipöse Menschen: über die Möglichkeiten der Plastischen Chirurgie nach einer drastischen Gewichtsreduktion.

Übergewicht – ein Volksleiden
Ein Viertel aller Deutschen, rund 19 Mio. Menschen, ist stark übergewichtig. Aber viele schaffen doch den Absprung zur gezielten Gewichtsabnahme, häufig aufgrund starker körperlicher Einschränkungen oder Erkrankungen. Diese Menschen leisten dann Erstaunliches, indem sie langfristig ihre Ernährung und ihr Leben grundlegend umstellen. So ist es dann nicht verwunderlich, dass Gewichtsabnahmen von 40 kg und mehr der Erfolg der Mühen sind.

Bei sehr starker Gewichtsabnahme verändert sich der Körper drastisch. Die Freude über die Gewichtsabnahme und der Stolz über das Durchhaltevermögen während der Lebensumstellung sind groß. Jedoch hat die Gewichtsreduktion leider nicht nur angenehme Folgen. Das Wunschgewicht ist zwar erreicht, aber überschüssige Haut, Dellen und erschlafftes Gewebe bleiben zurück.

Dr. med. Karl Schuhmann aus Düsseldorf (Chefarzt der Klinik für Plastische/Ästhetische Chirurgie & Handchirurgie, Augusta Kliniken, Bochum Hattingen, Privatpraxis für Plastische/Ästhetische Chirurgie & Handchirurgie) im Interview:

Dr. Schuhmann, Sie sind Facharzt für Plastische Chirurgie. Welche Möglichkeiten bietet ihr Fachgebiet Menschen nach starker Gewichtsabnahme, den Körper neu zu definieren?
Starke Gewichtsabnahme nach Adipositas oder Schwangerschaften ist zuerst einmal ein großer Erfolg für die Menschen. Doch durch die oftmals damit einhergehenden großen Veränderungen des Körpers haben die Betroffenen nicht nur ein ästhetisches Problem, sondern die starke Gewichtsabnahme stellt häufig auch eine psychische Belastung dar. Die neuerlichen körperlichen Veränderungen stürzen die Betroffenen in das nächste seelische Ungleichgewicht. Besonders am Bauch kommt es zu unschönen Fettschürzen, die Haut an Armen und Beinen erschlafft und die Brust ist ebenfalls in Mitleidenschaft gezogen.

Die Plastische Chirurgie hat hier unterschiedliche Behandlungsmöglichkeiten, um das neue Körpergefühl wieder ins Gleichgewicht zu bringen und die Betroffenen bei einem weiteren Schritt in ein neues Selbstbewusstsein zu unterstützen.

Plastische Chirurgie als Helfer für ein neues Körpergefühl? Kann man das so formulieren?
Ja, so kann man das sagen. Wir haben schon viele Patienten nach starker Gewichtsabnahme operiert. Teilweise waren auch mehrere Eingriffe nötig, um das gewünschte Ergebnis zu erreichen. Aber alle Patienten waren der Meinung, dass diese positiven Veränderungen ihres Körpers ihre Mühen und Anstrengungen erst komplett gemacht haben. Da fielen Sätze wie „Ich fühle mich erst jetzt am Ziel angekommen, wie ein neuer Mensch.“ Das macht uns als Plastische Chirurgen natürlich stolz und glücklich, wenn wir den Menschen ein Mehr ans Lebensqualität geben können.

Welche Eingriffe werden von Patienten besonders angefragt? Und welche Operationen sind aus medizinischer Sicht sinnvoll?
Gerade bei Frauen, die stark abgenommen haben oder auch nach Schwangerschaften, steht neben der Bauchdeckenstraffung auch meistens eine Bruststraffung auf dem „Wunschzettel“. Die Brust hat stark an Volumen verloren, da auch hier Fettgewebe verloren geht. Dies führt unweigerlich zu hängenden und schlaffen Brüsten. Hier ist eine Brustraffung sinnvoll. Dabei werden die Brüste angehoben und fester geformt. Die tief stehenden Brustwarzen werden in eine höhere, jugendliche Position versetzt, ohne im Regelfall einen Empfindlichkeitsverlust oder andere Einschränkung erleiden zu müssen. Da die chirurgische Vorgehensweise immer von der individuellen Situation der zu straffenden Brüste abhängt, können bei einem Eingriff drei verschiedene Operationstechniken angewendet werden.

Beim Eingriff der Bruststraffung wird immer ein periareolärer Schnitt rund um den Brustwarzenhof durchgeführt, um die Brustwarzen anzuheben. Ein weiterer senkrechter Schnitt vom unteren Brustwarzenrand zur Brustumschlagsfalte genügt, wenn die Brüste nicht zu stark erschlafft sind. Im Falle einer stärkeren Korrektur ist ein zusätzlicher waagerechter Schnitt entlang der natürlichen Brustfalte zur Seite (L-förmiger Schnitt) nötig, in anderen Fällen wird ein zusätzlicher Schnitt nach innen (T-förmiger Schnitt) durchgeführt. Bei der OP werden die Brustdrüsen geformt und angehoben sowie überschüssige Haut entfernt, damit die Brüste wieder zu neuer Festigkeit gelangen. Ziel ist es immer, eine natürliche äußere Form und Größe der Brust zu erzielen, die zur Anatomie der Patientin passt. Gerade eine Bruststraffung, teilweise auch einhergehend mit einer Brustvergrößerung, ist besonders für Frauen ein sinnvoller Eingriff, um sich wieder weiblich und attraktiv zu fühlen.

Wie schon angesprochen, ist eine Bauchdeckenstraffung in den meisten Fällen sowohl bei Frauen als auch bei Männern ein notwendiger Eingriff, um einfach die stark überschüssige Haut am Bauch zu entfernen. Bei der großen Abdominoplastik können Haut- und Gewebeüberschüsse optimal entfernt werden. Gleichzeitig lassen sich Bauchdecke und Bauchwand straffen, Bauchwandbrüche verschließen und Narben am Unterbauch, z. B. eine Kaiserschnittnarbe, entfernen. Die große Bauchdeckenstraffung ist der optimale Eingriff, um unschöne Fettschürzen am Bauch zu beseitigen. Diese bilden sich unweigerlich nach großer Gewichtsreduktion. Die Fettschürzen sind nicht nur ästhetisch ein Problem für die Patienten, sondern auch medizinisch problematisch, da sich zwischen den Hautfalten oft Krankheitskeime, Pilze und Bakterien bilden und sich Entzündungen entwickeln, die auch mit akribischer Pflege nicht vermieden werden können.

Was sind die häufigsten operativen Eingriffe nach starker Gewichtsabnahme?
Tatsächlich sind die Bauchdeckenstraffung und die Oberarmstraffung die am häufigsten gewünschten Operationen nach starker Gewichtsabnahme. Bei Frauen kommt noch die Bruststraffung mit Brustaufbau hinzu. Aber auch das hintere Bodylift ist stark gefragt. Beim hinteren Bodylift werden unterschiedliche Bereiche des Körpers gestrafft. Das Bodylift ist eine Kombination der Straffung von Rücken, Gesäß und Oberschenkelaußenseiten. Wie wir immer wieder sehen, ist es häufig notwendig, in mehreren Operationen die überschüssige Haut zu entfernen und den Volumenverlust an verschiedenen Stellen des Körpers auszugleichen.

Bei der Gesäßstraffung werden die Haut des Gesäßes und das darunterliegende Fettgewebe gestrafft. Von einer normalen Po-Straffung, einer Po-Vergrößerung mit Implantaten bis zum Brazilian Butt Lift gibt es je nach Ausgangsbefund verschiedene Möglichkeiten, die Korrektur eines abgeflachten und abgesunkenen Gesäßes vorzunehmen. Es gibt drei Kriterien, die für die Ästhetik des Gesäßes von Bedeutung sind:

– Eine ausgeprägte V-Zone oberhalb der Pobacken
– Eine gleichmäßige Verteilung des Gesäßvolumens
– Ein schön geformter Diamond-Space im Übergang zwischen Pobacken und Oberschenkelinnenseiten

Die optimale Po-Form lässt sich mit dem goldenen Schnitt berechnen. Zeichnet man durch den Gesäßmittelpunkt eine senkrechte und eine waagrechte Linie, so entstehen vier Quadranten, die idealerweise in etwa gleich groß sind. Bei einer klassischen Po-Straffung wird der Schnitt oberhalb des Gesäßes gesetzt und verläuft von Hüfte zu Hüfte. Die klassische Po-Straffung eignet sich besonders für Personen, die viel Gewicht verloren haben, da bei dieser Methode eine große Menge Hautüberschuss entfernt werden kann. Auch kann das untergelagerte Fettgewebe optimal verwendet werden, um den Po perfekt zu modellieren und ihm wieder eine schöne Form zu geben. Dazu wird das Fettgewebe von außen nach innen verlegt, um dem meistens sehr abgeflachten und abgesunkenen Po wieder eine runde Form und mehr Volumen zu geben. Durch die Schnittführung im Lendenbereich werden ebenso die überschüssige Haut und das Fettgewebe an den Hüften entfernt. Die Straffung der Gesäßhaut nach oben, führt ebenfalls zu einer leichten lateralen Straffung der Oberschenkel. Diese Eingriffe tragen alle zu einer Straffung des Oberkörpers bei.

Welche Möglichkeiten bietet die Plastische Chirurgie im Hinblick auf die Straffung von Beinen und Armen?
Welche Wünsche an den Plastischen Chirurgen seitens der Patienten bestehen, ist sehr stark abhängig davon, wie viel Gewicht abgenommen wurde und wie alt der Patient ist. Gerade junge Menschen mit Übergewicht wünschen sich eher eine komplette „Rundumerneuerung“ aller Körperbereiche. Bei älteren Menschen stehen nach Gewichtsabnahme eher das Body-Contouring und die Körperdefinition im Vordergrund. Um auch diesen Wünschen gerecht zu werden, bieten
wir natürlich die Oberschenkelstraffung sowie die Oberarmstraffung an.

Bei der Mini-Oberschenkelstraffung (C-Schnitt) verläuft der Schnitt von der Leiste bis in die Gesäßfalte. Der Haut- und Fettüberschuss werden entfernt, wobei teilweise bis auf den Oberschenkelmuskel präpariert werden muss. Die Hautnerven sollten soweit wie möglich geschont werden. Die Wunde wird in mehreren Schichten vernäht, vorher wird das Gewebe stabil fixiert. Dazu kann eine feste Faserschicht (Scarpa-Faszie) im Fettgewebe an die Knochenhaut am Schambein angenäht werden. Das ist sicherlich einer der wichtigsten Schritte beim Straffen der Oberschenkel.

Der C-Schnitt ist die kleinste Form der Oberschenkelkorrektur bei der Hauterschlaffung der Oberschenkel. Sie geht mit unauffälligen Narben einher. Der Straffungseffekt ist im Vergleich zur T-Straffung jedoch geringer, da deutlich weniger Haut entfernt werden kann.

Die große Oberschenkelstraffung wird mit einem Längsschnitt oder T-Schnitt durchgeführt. Der Vorteil gegenüber dem C-Schnitt liegt in einem deutlich größeren Straffungseffekt. Allerdings muss eine zusätzliche senkrechte Narbe an der Innenseite der Oberschenkel in Kauf genommen werden. Die Länge dieser Narbe ist abhängig vom Hautüberschuss und auch vom Wunsch des Patienten. Manchmal reicht schon eine kleine Narbe, um eine deutliche Verbesserung der Straffung zu erreichen.

Infolge von Gewichtsabnahme und durch die altersbedingte Abnahme der Hautelastizität kann sich ein Hautüberschuss an den Oberarmen bilden. Da das Gewebe hier sehr locker, dünn und zart ist, lässt sich die schlaffe Haut auch mit Diät, Sport oder Massagen oft nicht verringern.

Die Schnittführung bei der Oberarmstraffung erfolgt an der Innenseite der Oberarme, von der Achselhöhle bis maximal zum Ellenbogengelenk, abhängig vom Befund. Die Schnitte werden so geführt, dass spätere Narben kaum sichtbar sind. Der Wundverschluss erfolgt mit selbstauflösendem Nahtmaterial sowie einer speziellen Nahttechnik, um ultrafeine Wundnähte zu erzielen.

Wie bei der Oberschenkelstraffung werden auch bei der Oberarmstraffung moderne Operationstechniken zum Erhalt der unter der Haut gelegenen Lymph- und Blutgefäße eingesetzt. Dies führt dazu, dass es zu einem geringeren Blutverlust bei der Operation und zu einer geringeren Weichteilschwellung nach der Operation kommt. So ist der Patient nach der OP schneller wieder aktiv und fit.

Dr. Schuhmann, Sie sind Experte am Adipositaszentrum NRW. Welche Erfahrungen haben Sie dort gemacht?
Laut der Deutschen Adipositas-Gesellschaft sind in Deutschland rund zwei Drittel (67 Prozent) der Männer und die Hälfte (53 Prozent) der Frauen übergewichtig (BMI ≥ 25 kg/m2). Ein Viertel aller Erwachsenen ist stark übergewichtig (adipös; BMI ≥ 30 kg/m2), das sind 23 Prozent der Männer und 24 Prozent der Frauen. Die Prävalenz von Adipositas nimmt mit dem Alter zu. Auch zeigt sich, dass Menschen mit einem niedrigen sozioökonomischen Status eher betroffen sind, an Adipositas zu erkranken. Generell hat die Prävalenz in den letzten zwei Jahrzehnten zugenommen, besonders bei Männern und im jungen Erwachsenenalter. Je nach Schweregrad der Adipositas kann sich die Lebenserwartung um bis zu zwölf Jahre verkürzen.

Daher ist es wichtig, dass Betroffene Unterstützung erhalten. Diese Unterstützung finden sie in den Adipositaszentren. Mit unserem Ärzteteam bieten wir ausführliche Beratungen zu den Themen Ernährung und Sport sowie zu den Möglichkeiten der Magenverkleinerung. Auch die medizinische Betreuung bei vorliegenden Erkrankungen ist gewährleistet sowie die psychologische Unterstützung. Wir als Plastische Chirurgen kommen erst am Ende eines langen Prozesses zum Einsatz und vervollständigen dann das Ergebnis. Damit tragen wir stark zu einem neuen Körpergefühl und mehr Selbstbewusstsein bei. Das ist immer wieder toll zu sehen!

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TEXT VON

Dr. med. Karl Schuhmann

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