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Lidchirurgische Eingriffe –
Erfahrungen, Tipps und Tricks

Die kosmetische Lidchirurgie gehört zu den häufigsten Eingriffen der ästhetisch-plastischen Chirurgie. Das Spektrum reicht von der ambulanten Korrektur kleiner Hautüberschüsse bis hin zu kombinierten Ober- und Unterlidplastiken mit Midface-Liftings.

Bei den meisten Plastischen Chirurgen herrscht hohe Routine bei lidchirurgischen Eingriffen, bei denen delikate Strukturen und deren anspruchsvolle Anatomie im Fokus stehen. Da die Gewebereaktionen auf die Eingriffe individuell jedoch sehr unterschiedlich sein können, empfiehlt es sich für optimale Ergebnisse, so viele beeinflussbare Parameter wie möglich konstant zu halten. Bewusst werden die altbewährten Techniken der Lidchirurgie hier nicht diskutiert, sondern Tipps und Tricks aus gesammelten Erfahrungen präsentiert.

Einzeichnung und Lagerung
Dimensionierung und Lokalisation der Inzisionen für die kosmetische Lidchirurgie sind weithin bekannt und publiziert. Unbedingt sollten dagegen die im Sitzen oder Liegen durchgeführten Einzeichnungen vor Infiltration und nach Abdeckung und Lagerung nochmals kontrolliert werden. Eine gegebenenfalls unter den Abdecktüchern unbemerkte unphysiologische Reklination oder Elevation des Kopfes verändert die Spannungsverhältnisse an der Stirn und kann die Brauenposition erheblich verändern. Für Oberlid- und/oder einfache Unterlidoperationen empfiehlt sich daher eine neutrale Lagerung des Kopfes nur auf einem Gelkopfring. Ist die Präparation ausgedehnter, wie beispielsweise bei Midface-Liftings oder begleitendem Stirnlift, ist es sinnvoll, den ganzen Kopf zu waschen und auf einer Mayfield-Schale in einem Tischsack zu lagern. Die Abdeckung wird dazu mit einem U-Tuch vom Kinn über die Schultern in den Tischsack hinein komplettiert. Freie Kopf- und Halsbeweglichkeit, trockene Füße und fehlender Zug des Abdeckmaterials an der Haut sind unschätzbare Vorteile.
Tubusfixationen auf der Wange mit Klebeband sollten bei allen Arten der Unterlidkorrektur oder -rekonstruktion unterbleiben. Für freie symmetrische Wangenbeweglichkeit kann stattdessen der Tubus mit einem kräftigen Faden (zum Beispiel 0er Vicryl) um einen Zahnhals angenäht werden. Bei zahnlosen Patienten empfehlen sich stattdessen die nasale Intubation und die atraumatische Fixation des Tubus am Septum.
Gerade bei adipösen Patienten ist die horizontale Lagerung auf einem OP-Tisch immer ein wenig mit venöser
Stauung am Kopf verbunden. Alle lidchirurgischen Patienten werden bei uns daher in 15 Grad Tischneigung fußtief gelagert, was das Patientenbefinden verbessert und intraoperative Blutungen reduziert.

Perioperatives Management
Intraoperative Blutdruckkontrolle kann gerade bei einem vermeintlich einfachen Eingriff sehr wichtig sein. Oft sind
Oberlid-Blepharoplastiken der erste ästhetisch plastisch-chirurgische Eingriff im Gesicht, und die Aufregung ist
gerade bei älteren Patienten groß. Schnell kann es da zu hypertonen Kreislaufsituationen kommen, welche den eigentlich unkomplizierten und kleinen Eingriff für beide Seiten unangenehm machen. Die Einnahme einer bestehenden Blutdruckmedikation sollte daher unbedingt am OP-Tag beibehalten werden. Ich persönlich operiere
Unterlidstraffungen bevorzugt in einer kurzen Vollnarkose oder Sedierung mit Anästhesiebegleitung zur Stressreduktion aller Beteiligten. Dass Analgosedierung und chirurgischer Eingriff dabei nicht von der gleichen Person durchgeführt werden sollten, hat sich aufgrund vieler Rechtsprechungen dazu bereits etabliert.

Haut
Oft ist die Umschneidung der Resektionsfigur an den Oberlidern oder der Subziliar- oder Konjunktiva-Schnitt an den Unterlidern der einzige mit dem Messer durchgeführte Schritt. Auf ungestörte Armfreiheit und Ruhe im OP-Feld ist daher besonders zu achten. Für diesen wichtigen Schritt, der die spätere Narbenformung entscheidend beeinflusst, ist die Haut gut anzuspannen und auf einen geraden vertikalen Schnitt zu achten. Ein Laser kann hier Vorteile bringen. Bei entsprechender Hydrodissektion durch das Lokalanästhetikum kann die Haut am Oberlid auch abgerissen werden, allerdings ist das nur bei Primäroperationen überhaupt denkbar.
Die Meinungen über den Cornea-Schutz (z. B. protektive Schalen) bei Lidplastiken haben schon fast religiösen Charakter. Eine sehr einfache und unkomplizierte Art, die Cornea z. B. bei einem transkonjunktivalen Zugang zu schützen, ist die Hochnaht der corneaseitigen Fornix-Konjunktiva per U-Naht an das Oberlid (durch die greyline) mit 5/0 monofilem Nylon. Diese Prozedur stört bei der weiteren Präparation überhaupt nicht, schützt aber vor Austrocknung und möglichen Abrasionsschäden. Die U-Naht wird erst vor der Konjunktivanaht (siehe unten) wieder gelöst.
Außer an dem zu resezierenden Areal kann eine Lidplastik am Ober- und Unterlid gänzlich ohne ein traumatisches Greifen der verbleibenden Haut mit der Pinzette erfolgen. Das gilt auch für den Schritt der Hautnaht. Vor dieser empfiehlt es sich, die Hautränder nochmals bewusst mit einem nassen Finger zu benetzen, da dann die Nadel (z. B. 6/0 Prolene P-1) wesentlich exakter und viel widerstandsfreier zu stechen ist.

Muskel
Es ist erstaunlich, was der M. orbicularis oculi (MOO) so alles an Prozeduren über sich ergehen lässt, ohne seine Funktion gänzlich einzustellen. Wenngleich dies vor allem in der Lidrekonstruktion zutrifft, so sollte trotzdem auch
in der ästhetischen Chirurgie schonend mit ihm umgegangen werden. Der wichtigste Sektor ist das mediale Viertel am Unterlid. Hier gilt es, besondere Vorsicht walten zu lassen. Am Oberlid ist Muskel grundsätzlich einmal ein erhaltenswertes Volumen, und eine Open-Sky-Technik mit simultaner und äquivalent dimensionierter Resektion von Haut und Muskel halte ich daher für nur sehr selten und bei sehr kräftiger Muskelhypertrophie indiziert. Bei dünnem, zartem Muskel kann eine Muskelresektion auch ganz unterbleiben, oder er sollte nur mit der bipolaren Pinzette vorsichtig geschrumpft werden. Auf der anderen Seite soll natürlich bei ausgedehnter Hautresektion oder kräftigem Muskel die Muskelresektion adäquat sein, um zu viel Spannung auf die Hautnaht zu vermeiden. Am Unterlid kann bei subziliarem Zugang das Belassen eines prätarsalen MOO-Streifens im Sinne der „step incision“ nach Converse für die Ektropiumprophylaxe nicht oft genug betont werden. Haut- und Muskelinzision sind damit auf verschiedenen Niveaus und unterschiedlich weit vom Tarsus entfernt! Der MOO am Unterlid ist oft wesentlich dünner und gedehnter als am Oberlid und gleichzeitig von herausragender Bedeutung für die spätere Resuspension. Exakte Präparation in den Schichten und sehr sparsame Elektrokoagulation sind daher wichtig.

Orbitales Septum
Besonders bei älteren Patienten ist das Septum orbitale eine delikate, feine Struktur, welche auch entsprechend vorsichtig manipuliert werden sollte. Eine klare Identifikation gegenüber anderen Strukturen (z. B. Levatoraponeurose) muss gegeben sein. Müssen am Oberlid beide Fettkompartimente geöffnet werden, so sollte dies nicht über einen gemeinsamen, durchgehenden Schnitt erfolgen, da ansonsten der N. infratrochlearis durchtrennt wird. Dieser verläuft im Bereich des intermediären Fettes zwischen beiden Hauptkompartimenten auf dem Septum und ist oft sehr zart. Eine Durchtrennung hinterlässt eine gerade für das Auftragen von Lidschatten unangenehme Taubheit im nasalen Oberliddrittel.
Die Einbeziehung des Septums für Unterlidkorrekturen ist mannigfaltig. Am populärsten sind sicherlich Modifikationen des marginal release und die damit verbundene Septumeröffnung an der infraorbitalen Anheftung. Es empfiehlt sich, diese Region separat zu koagulieren (Bipolar oder Colorado-Nadel). Im medialen Drittel ist auf den Ursprung des M. obliquus inferior zu achten, welcher natürlich nicht durchtrennt werden darf.

Fett
Fett in der Periorbitalregion ist ein wertvolles Gut – auch wenn es oft korrigiert werden muss. Der erste Fettkörper, auf den man bei einer Oberlid-Blepharoplastik nach der MOO-Resektion trifft, ist das retro-orbicularis oculi fat (ROOF). Auf einen lateralen Descensus, welcher zu einem Lateral Hooding beitragen kann, ist spezifisch zu achten: Er kann pexiert oder reseziert werden. Reseziertes Fett hieraus kann zur Transplantation in andere Kompartimente oder in die Tränenrinne verwendet werden. Die präoperative Analyse der Oberlider im Sitzen bedingt nun die Balance der Fettresektion im zentralen und nasalen Kompartiment. Bei einer angeborenen, auch ethnisch individuell unterschiedlichen oder postoperativen Dysbalance kann der Liddeckel unterschiedlich breit zu sehen sein (Abb. 1a).

Meist ist dies im nasalen Drittel der Fall (A-frame-Deformität). Dann kann der zentrale Fettkörper nach Mobilisation unter dem N. infratrochlearis nach nasal gezogen und dort mit einem 7/0 Vicryl fixiert werden (Abb. 1b und c).


Die Refixation eines Tränendrüsenprolapses z. B. mit 5-0 PDS ist erst als letzter Schritt empfehlenswert, da gerade im Falle einer simultan durchgeführten Unterlidpräparation der Faden an der feinen Faszie der Tränendrüse durch Spatelmanipulation ausreißen und das zu Blutungen führen kann.
Gerade an den Unterlidern ist das Fettgewebe der drei Kompartments von teilweise kräftigen Gefäßen durchsetzt, welche bekanntermaßen sicher koaguliert werden müssen, bevor der Fettkörper mobilisiert oder reduziert wird. Was aber, wenn es trotz aller Vorsicht doch einmal zu einer Blutung und Retraktion des Gefäßes in die Orbita hinein kommt? Hier muss eine exakte Blutstillung sichergestellt werden. Keine Angst – warme feuchte Kompressen, ein feiner Sauger und eine exakte systematische Suche unter vorsichtigem Handling des Fettes sind jetzt angezeigt. Nicht so geläufig ist die sichere Präparationstiefe für derartige Schritte: Am Orbitaboden und der lateralen Wand kann zur Sicherstellung der Hämostase ca. 35–40 mm (!) in die Orbita hineinpräpariert werden, am Dach und an der medialen Wand ca. 30 mm. Vertrautheit mit der orbitalen Anatomie ist hierfür unbedingte Voraussetzung.
Ein transkonjunktivaler Zugang ist bei ausreichend straffem Unterlid hervorragend geeignet, isolierte Korrekturen der Unterlidfettkörper durchzuführen. Wenngleich ein Offenlassen nach der Prozedur grundsätzlich möglich ist, empfehle ich, den Zugang mit zwei versenkten Einzelknopfnähten mit 7/0 Vicryl zu approximieren, um einer Entropiumbildung durch verzögerte sekundäre Wundheilung vorzubeugen. Damit besteht ausreichend Drainagemöglichkeit, und die postoperative Schwellung der Konjunktiva verhindert den unangenehmen Kontakt des Fadenmaterials mit der Hornhaut und das Fremdkörpergefühl. Letzteres ist bei einer fortlaufenden Technik mit freien Fadenrändern besonders ausgeprägt.
Die Fetttransposition nach anterokaudal über den infraorbitalen Rand nach marginal release ist ein bewährtes Verfahren zur Harmonisierung der Unterlidkontur. Die Fixierung kann nach subziliarem Zugang immer direkt versenkt z. B. mit 5/0 PDS durchgeführt werden, bei transkonjunktivalem, präseptalem Zugang muss dies oft durch 6/0 Prolene-Ausziehnähte stattfinden, weil die räumlichen Gegebenheiten oft zu eng sind, die Nadel 6–8 mm unterhalb des Infraorbitalrandes atraumatisch zu stechen. Die nasalwärts gerichtete Transposition des Fettkörpers nach Loeb dagegen ist selten ausreichend, auch die kraniale Hälfte der Tränenrinne volumetrisch aufzufüllen, weil die Mobilisation des retroseptalen Fettkörpers für eine solche Strecke nur bei sehr ausgeprägtem Fettüberschuss möglich ist. Meiner Erfahrung nach empfehlen sich hierfür hervorragend separat eingebrachte kleine Fatgrafts vom ROOF oder von den Oberlidkompartments, wie von Miranda und Codner beschrieben (Abb. 2a und b).

Postoperatives Regime
Bei den mobileren Oberlidern sind dünne Steristrips für drei bis fünf Tage zur Sicherung der Nähte sinnvoll, falls ein Intrakutanfaden zum Wundverschluss verwendet wird. Bei einer subziliaren Unterlidstraffung verzichte ich gänzlich auf Steristrips direkt subziliar, da diese nach kranial dislozieren und Hornhautirritationen hervorrufen können. Vorteilhaft sind allerdings 12 mm Steristrips zur kutanen Suspension und Zugentlastung in Richtung der Schläfen für drei bis fünf Tage.
Die Rekonvaleszenz nach einem lidchirurgischen Eingriff dauert zwar nur wenige Tage, jedoch sind hier gewisse Verhaltensmaßnahmen vom Patienten zu erwarten. Damit dieser sich besser organisieren kann, geben wir bereits im Vorfeld einen standardisierten Bogen mit umfassenden Hinweisen zu Kühlung, Hautpflege, Schmerztherapie und abschwellenden Maßnahmen mit. Bereits bei der Aufklärung wird besprochen, dass im Falle einer (extrem seltenen) intraorbitalen Blutung maximal 45 Minuten Zeit bleiben, bevor plastisch-chirurgische Notfallmaßnahmen stattgefunden haben müssen (z. B. Durchtrennung des lateralen Lidbändchens). Jeder Lidoperateur muss die Maßnahmen zur notfallmäßigen Entlastung beherrschen – möge dieser Notfall nie eintreten und der Patient sich an einem harmonischen Ergebnis erfreuen (Abb. 3a und b).

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TEXT VON

Prof. Dr. med. Goetz A. Giessler, FEBOPRAS

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