Brustvergrößerungen sind nach wie vor eine der beliebtesten kosmetischen Operationen. In Europa werden dazu überwiegend mit kohäsivem Silikongel gefüllte Brustimplantate verschiedenster Hersteller verwendet. Deren mannigfaltige Geometrie, Form, Füllsubstanz und Oberflächenbeschaffenheit ermöglichen dem erfahrenen Plastischen Chirurgen eine optimale Auswahl für die unterschiedlichsten anatomischen Voraussetzungen, Patientenwünsche, Haut- und Drüsenkörperqualität und andere spezielle Fragestellungen. Die exakte Untersuchung, Analyse und Vermessung der Patientin sind Notwendigkeiten, jedoch keine Garantie für ein mindestens zufriedenstellendes Ergebnis. Für den erfahrenen Operateur können jedoch so allein mit Implantaten viele Augmentationswünsche sehr befriedigend gelöst werden. Brustvergrößerungen werden aber vor allem dann richtig komplex, wenn sich oben genannte patientenindividuelle Parameter weit aus dem üblichen „Normalbereich“ herausbewegen. Ein zentraler Faktor dabei ist eine adäquate Schichtdicke des körpereigenen Gewebes, welches das Implantat bedeckt. Fett spielt dabei die entscheidende Rolle, denn bei allen üblichen Implantatpositionierungen wird das Implantat zumindest teilweise von subkutanem Fett bedeckt. Dies gilt auch für Implantatpositionierungen „unter den Muskel“, welcher in der Tat die Implantate nur im oberen inneren Drittel bedeckt. Je dünner diese Fettschicht ist, desto höher ist das Risiko der Tast- und Sichtbarkeit der Ränder oder eventueller Falten des Implantates und umso schlechter ist die langfristige Formstabilität der Brüste vor allem bei einem ungünstigen Verhältnis zwischen Gewebedicke und Implantatgröße.
Die Transplantation von körpereigenem Fett in eine weibliche Brust ist unter bestimmten Voraussetzungen ein ebenfalls gut geeignetes plastisch-chirurgisches „Tool“ in der Hand des routinierten Anwenders. Nach anfänglichen Schwierigkeiten hinsichtlich der onkologischen Sicherheit wird das Verfahren inzwischen als sicher eingestuft. Eventuelle Verkalkungen nach Eigenfetttransplantation können vom erfahrenen Radiologen gut von suspektem Mikrokalk unterschieden werden. Lediglich nach brusterhaltender Therapie (BET) mit verbliebenem Restdrüsenkörper in der Brust wird die Anwendung von Eigenfett gegenwärtig nicht empfohlen, Langzeitstudien fehlen hierzu allerdings. Neben dem Komplettaufbau von kleinen Brüsten durch serielle Eigenfettinjektionen dient das Verfahren vor allem dazu, Asymmetrien oder Volumendefizite nach autologem Brustaufbau mit Lappentransplantaten auszugleichen oder die Konturen zwischen einem Implantat und der Thoraxwand nach sogenannten „direct-to-implant“-Rekonstruktionen zu harmonisieren. Kontraindikationen stellen eine geplante Bestrahlung oder ein signifikanter Nikotinabusus dar. Der Volumenaufbau von großen Brüsten ausschließlich mit Eigenfett hat sich hingegen als enttäuschend herausgestellt, da langfristig weder eine adäquate Projektion noch Formstabilität erzielt werden kann. Die Transplantation von Eigenfett in der Ästhetischen Brustchirurgie kann auch zur alleinigen Augmentation und zum Angleich diskreter Asymmetrien dienen. Die Voraussetzungen zu einer erfolgreichen Einheilung sind hier jedoch meist besser als bei rekonstruktiven Eingriffen, da die Empfängermatrix des ortsständigen subkutanen Fettgewebes meist ungestört ist und daher oft wesentlich mehr transplantierte Fettzellen überleben. Das durch vorsichtige Aspirationslipektomie an anderen Stellen des Körpers gewonnene Fett sollte denn auch ausschließlich in das subkutane Fettgewebe, aber nicht in den Drüsenkörper selbst injiziert werden. Es kann technisch auch zusätzlich in den Musculus pectoralis injiziert werden, was jedoch laut Transplantationsgesetz eigentlich nicht gestattet ist.
Brustimplantat und Eigenfett
Die gemeinsame Verwendung von Brustimplantaten und Eigenfett bündelt nun die jeweiligen Vorteile. Diese als Hybrid- oder Composite Augmentation bezeichnete Prozedur unterscheidet dabei die simultane von der zwei- oder mehrzeitigen Transplantation des Fettes mit der Implantateinlage.
Eine simultane Brustvergrößerung mit Implantat und Injektion von Eigenfett eignet sich vor allem bei solchen Indikationen, bei denen in der Operationsplanung bereits abzusehen ist, dass nicht alle Anforderungen für ein optimales Ergebnis mit dem Einsetzen eines Brustimplantates alleine gelöst werden können (Abb. 1a–c). Hierzu zählen vorbestehende Volumendefizite in einzelnen Quadranten der zu vergrößernden Brust durch angeborene Fehlbildungen (z. B. tubuläre Brustdeformitäten Grad 1 und 2), nach Trauma (lokalisierte Fettgewebenekrosen) oder iatrogen nach z. B. einer Tumorektomie eines benignen Befundes mit konsekutiver Narbenbildung. Bei insgesamt dünnem Integument kann bereits primär eine allgemeine Volumenvergrößerung des umgebenden Weichgewebemantels durch Eigenfett erzielt werden. Nach Präparation der Wundtasche für das Implantat (implant pocket) wird vom operativen Zugang aus von innen nach außen das Eigen-fett in das Subkutangewebe ohne Druck injiziert. Von Vorteil ist die exakte Steuerbarkeit durch die Palpation des Gewebes mit zwei Fingern der nicht injizierenden Hand und die Injektion des Fettes zwischen diese. Kanülen- und Fettplatzierung, die Einschätzung des Gewebsturgors und das vorsichtige Einmassieren können somit höchst präzise erfolgen.
Außerdem kann vor dem Einsetzen des Implantates sichergestellt werden, dass kein freies Fett im Implantatpocket vorliegt, was vermieden werden sollte. Nachteilig ist bei dieser Strategie, dass nach dem Einsetzen von Brustimplantaten postoperativ immer ein straffer Sport-BH getragen werden sollte. Da transplantiertes Fettgewebe jedoch sehr druckempfindlich ist, sind die Einheilungsraten des Fettes bei diesem primären Vorgehen gerade im unteren äußeren Quadranten eher mäßig. In den oberen beiden Quadranten ist jedoch die Einheilungsrate gut (50 bis 70 Prozent), sodass der Übergang zwischen Implantat und Thoraxwand mit diesem Verfahren erfolgreich harmonisch gestaltet werden kann (Abb. 1 d–g). Alternativ kann die Injektion auch von außen durch kleine Stichinzisionen periareolär, in der Unterbrustfalte oder der vorderen Axillarfalte erfolgen (Abb. 2).
Besonders gut eignet sich die primäre Verwendung von Eigenfett zusammen mit einer Implantateinlage in Konstellationen, bei denen Thoraxform, Implantatwunsch, Brustbreite und Position des Mamillen-Areola-Komplexes (MAK) in einem weiten intermammären Abstand resultieren würden. Ein derartiges weites Dekolleté ist selten gewünscht. Eine reine Medialisierung der Implantate würde zu einem unattraktiven Auswärtsschielen der MAKs führen. Die Injektion von Eigenfett in die beiden medialen Quadranten (Abb. 1 g und 2) jedoch ermöglicht eine Projektionsverbesserung des Dekolletés und eine Verschmälerung des intermammären Abstandes (Abb. 3).
Die Gewinnung des Eigenfettes für die beschriebenen Prozeduren erfolgt durch Aspirationslipektomie unter minimalem Sog entweder durch manuelle Aspiration oder apparativ durch maximal 0,5 bar Unterdruck in Tumeszenztechnik. Verschiedene handelsübliche geschlossene Systeme bieten den Vorteil der geringen Exposition des aspirierten Fettes an die Raumluft und zügiges, sauberes Arbeiten. Das Fettgewebe kann dabei für jede Sitzung von kleineren „Problemzönchen“ der Patientin gewonnen werden, oder es werden andere ästhetische Ziele gleich mitadressiert und daraus gewonnene, aber nicht transplantierte Fettvolumina verworfen. Flanken, Innenseiten der Oberschenkel oder der Bauch bieten sich als Entnahmestellen dafür an, weil die Patientin in Rückenlage verbleiben kann (Abb. 3).
Die Verwendung von Eigenfett in der Ästhetischen Brustchirurgie bei bereits eingeheiltem Implantat hat den Nachteil eines wiederholten Eingriffes mit nochmaliger Narkose oder zumindest örtlicher Betäubung sowie einer nochmaligen Ausfallzeit („down-time“) zur Erholung nach dem Eingriff und zur Einheilung des Fettes. Auf der anderen Seite sind viele Vorteile gegenüber dem einzeitigen Vorgehen zu nennen: Jede Brust verändert sich nach der Operation in Form und Position, vor allem dann, wenn gleichzeitig zur Implantateinlage auch gestrafft wurde (Augmentationsmastopexie). Gewisse Asymmetrien sind bei derartigen Eingriffen nicht selten, wobei man nach ca. sechs Monaten davon ausgehen kann, dass keine wesentlichen Veränderungen in Form und Größe mehr eintreten. Mit einer sekundären Eigenfetttransplantation können diese Unterschiede dann meist gut ausgeglichen werden.
Aber auch nach einer einfachen Augmentation hat die sekundäre Eigenfetttransplantation einen großen Vorteil, denn nun kann tatsächlich in allen vier Quadranten Volumen aufgebaut werden, weil danach nicht zwingend postoperativ ein BH getragen werden muss. Gemäß dem Prinzip „Implantat zur Projektion, Fett für das Volumen“ kann es vorteilhaft sein, bei der zuerst stattfindenden Augmentation ein Implantat mit hoher oder sehr hoher Projektion/Profil zu verwenden, welches dann sekundär zum Volumenaufbau und zur Harmonisierung der Brustform mit Eigenfett umhüllt wird. Dieses Vorgehen eignet sich vor allem beim Wunsch nach einem relativ großvolumigen Brustaufbau bei schmaler Brustbasis: Würden stattdessen Implantate mit normalem Projektionsprofil, aber dem gewünschten (zu großen) Volumen verwendet, wären die Ränder tast- und sichtbar oder es entstehen unschöne Doppelkonturen. Die Balance beider Verfahren – Implantate und Eigenfett – ist also strategisch wichtig und muss mit der Patientin natürlich im Vorfeld besprochen werden. Da auch bei schonendem Vorgehen 30 bis 50 Prozent des transplantierten Fettes verloren geht, empfiehlt es sich, bei Wunsch nach einem signifikanten Volumenaufbau die erste Sitzung Eigenfett primär mit der Implantateinlage durchzuführen und dann drei bis sechs Monate später die zweite Sitzung zu planen. Oft kann dann aufgrund der nun bereits augmentierten und verheilten Gewebeschicht um das Implantat bereits mehr Eigenfett pro Brust injiziert werden.
„Reversed Augmentation“
Das Ganze funktioniert auch rückwärts: Sekundäroperationen bei unfachmännisch voroperierten Patientinnen mit viel zu großen, zirkumferent tast- und sichtbaren Implantaten sind leider gar nicht so selten. Durch serielle Eigenfetttransplantation und mehrfachen Implantataustausch in immer kleinere Implantate können oft sehr schwierige Fälle gerettet und somit Brüste rekonstruiert werden, deren Implantat-Integument-Verhältnis wieder vernünftig und langfristig haltbar ist. Beschrieben hat dieses aufwendige, aber erfolgreiche Verfahren der „Reversed Augmentation“ Phillip Blondeel aus Belgien. Manchmal erscheint nach Jahren eine sichtbare leichte Fältelung der Implantate in bestimmten Positionen der Patientin, z. B. in Rückenlage oder beim Vor-beugen. Wenn die klinische und apparative Diagnostik unauffällig sind und die Brustform sonst zufriedenstellend ist, kann dieses „rippling“ durch Fetttransplantation über dem Areal gut kaschiert werden. Von Vorteil ist hier, wie bei allen sekundären Verfahren, dass die immer vorhandene Kapsel um das Implantat nicht nur ein hervorragender Vaskularisationsträger für das oberflächlich dazu injiziierte Fett ist, sondern auch eine gewisse Sicherheit davor bietet, Fett in das Implantatpocket zu spritzen oder gar das Implantat zu verletzen. Bei entsprechend vorsichtigem Vorgehen ist dies aber ohnehin unwahrscheinlich.
Zu guter Letzt ist die Verwendung von Eigenfett in den Fällen im Übergangsbereich zwischen Rekonstruktiver und Ästhetischer Brustchirurgie nicht mehr wegzudenken. Die post-operativen Ergebnisse der Korrektur von tubulären Brüsten gerade höhergradigen Ausmaßes sind aufgrund der Komplexität der Einzelschritte am Drüsenkörper, dem MAK, der Haut und der Implantatlage nicht immer vollumfänglich vorherzusehen. Diese Patientinnen sollten daher im Gesamtkonzept der Operationsplanung auf einen möglichen späteren Schritt der Eigenfettrekonstruktion, vor allem der unteren beiden Quadranten, vorbereitet werden.